Staufer: So ging das mächtigste Geschlecht des Mittelalters unter - WELT (2024)

Geschichte Staufer-Dynastie

Dieser Untergang war mannhaft und würdig

Am 29. Oktober 1268 wurde der letzte männliche Staufer Konradin in Neapel enthauptet. Der Papst hatte das römisch-deutsche Kaisertum besiegt. Allerdings folgte bald, so sahen es Zeitgenossen, ein Gottesurteil.

| Lesedauer: 5 Minuten

Von Berthold Seewald

Freier Autor Geschichte

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Mutig ging der 16-Jährige in den Tod. Zusammen mit zehn adligen Anhängern bestieg Konradin, der letzte Staufer, am 29. Oktober 1268 das Schafott, das mitten auf der Piazza del Mercato in Neapel errichtet worden war. Der große und schöne Jüngling, der des Lesens wie des Schreibens mächtig war – durchaus nicht selbstverständlich im 13. Jahrhundert – und sogar die lateinische Sprache beherrschte, starb durch das Schwert „mannhaft und würdig“.

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Mit ihm endete das Geschlecht nur 18 Jahre nach dem Tod von Kaiser Friedrich II., dem vielleicht größten Herrscher des Mittelalters. „Der einstige Segen an männlichen Nachkommen des Imperators war nun dahin gemäht von der Sense des Todes“, schreibt der Berliner Mediävist Olaf B. Rader: „Mit der Enthauptung Konradins fand die politische Bedeutung von Friedrichs Nachkommen im Mannesstamme ein Ende.“ Wie aber kam es dazu, dass der noch nicht der Jugend entwachsene Kaiser-Enkel so gefährlich schien, dass er umgebracht werden musste?

Nur zweieinhalb Jahre zuvor hatte Papst Clemens IV. schon einmal triumphiert: „Unser lieber Sohn Karl ist im friedlichen Besitz seines gesamten Königreichs und hat den fauligen Leichnam jenes verderblichen Mannes, sein Weib, seine Kinder und seinen Kronschatz in seiner Macht.“

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Der Heilige Vater beschrieb in diesen ziemlich unheiligen Worten den Triumph seiner Politik. Denn im Frühjahr 1266 schien die seit zwei Jahrhunderten immer wieder erneuerte Konkurrenz zwischen dem römisch-deutschen Kaisertum und dem jeweiligen Oberhaupt der katholischen, „allgemeinen“ Kirche zugunsten des Nachfolgers Petri entschieden. Graf Karl von Anjou, ein Bruder des französischen Königs Ludwigs IX., hatte Manfred von Sizilien vernichtend geschlagen, den Sohn und Nachfolger Kaiser Friedrichs II. in Süditalien. Damit schien die päpstliche Sorge erledigt, ein Fürst aus dem Geschlecht der Staufer werde einmal mehr die weltliche Macht der Kirche umzingeln.

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Doch Clemens und Karl hatten Konradin vergessen den einzigen Sohn des deutschen Königs Konrad IV. und Neffen Manfreds. Konrad war noch zu Lebzeiten Friedrichs II. formell zum König gewählt worden, verbunden mit dem Anspruch auf die Kaiserkrone. Doch schon 1254 war er im Alter von nur 26 Jahren gestorben; sein erst zweijähriger gleichnamiger Sohn, zur besseren Unterscheidung Konradin genannt, also „kleiner Konrad“, beerbte ihn formal. Faktisch jedoch hatte Konrads Halbbruder Manfred die Nachfolge angetreten und sich vier Jahre später auch zum König von Sizilien krönen lassen.

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Nach dem Tode seines Onkels 1266 war Konradin der letzte legitime Erbe der Staufer. In jugendlichem Übermut beschloss er, um sein Recht zu kämpfen. Unterstützt wurde er von den Anhängern der prokaiserlichen Partei in Italien, die Ghibellinen genannt wurden. Ihnen waren Karl von Anjou und sein päpstlicher Verbündeter verhasst. Im Spätsommer 1267 machten sich Konradin, sein drei Jahre älterer Freund Friedrich von Baden-Österreich und weitere Fürsten gen Süden auf. Papst Clemens IV. exkommunizierte daraufhin den jungen Staufer – wie seine Vorgänger es mit Friedrich Barbarossa und Friedrich II. getan hatten.

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Dies sowie das gewinnende Auftreten des jungen Staufers ließ aber die Magie seines Geschlechts nur umso stärker wirken. Mit rund 3000 Berittenen zog Konradin Juli 1268 unter Jubel in Rom ein. Auch aus anderen Städten Italiens strömten Ghibellinen zu seinen Fahnen, sodass er sich mit etwa 6000 Reitern an die Rückeroberung Siziliens machen konnte.

Karl von Anjou dagegen, der eine straffe Finanzverwaltung eingeführt hatte, galt vielen italienischen Adligen als Unterdrücker. Er ließ gerade Lucera in Apulien belagern, als er von Konradins Erfolg hörte. Karl brach sofort nach Norden auf und bezog mit seinen Soldaten in den südlichen Abruzzen ein Lager.

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Bald zog die Schlacht herauf. Konradin hatte das etwas größere Heer, Karl das erfahrenere. Der Franzose griff zu einer Kriegslist: Er schickte einen Vertrauten in seinem Mantel und mit seinem Banner in den Kampf. Dieser falsche Karl fiel, und darauf lösten sich die Reihen von Anjous Heer scheinbar auf. Die Ritter Konradins setzten den flüchtenden Feinden nach und wurden plötzlich von Karls Reserve attackiert. Das Schlachtenglück hatte sich gewendet, Konradin und Friedrich erlitten eine schwere Niederlage.

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Zwar konnten sie noch fliehen, doch Konradins militärische Macht und vor allem sein Nimbus waren dahin. Ein ehemaliger Gefolgsmann, Giovanni Frangipani, nahm die Gruppe um den Stauer und Friedrich von Baden-Österreich gefangen und lieferte sie dem Grafen von Anjou aus. Anschließend „ließ Karl einen Prozess gegen Konradin inszenieren“, schreibt Olaf B. Rader. Da er sich gegen die Autorität des Reiches gestellt habe, sei er ein Hochverräter: „Das Urteil lautete auf Tod durch das Schwert.“ Allerdings lässt sich aus den Quellen nicht erkennen, was genau die Grundlage für das Urteil gewesen sein soll. Gewiss ist, dass Karl von Anjou im Oktober 1268 eine Reihe von Rechtsgelehrten in Neapel versammelte. Ohnehin handelte es sich um ein politisches Urteil, das bei Zeitgenossen als Unrecht wahrgenommen worden sein soll.

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Die Angst vor dem Geschlecht der Staufer muss groß gewesen sein beim Sieger Karl von Anjou: Er ließ die Leichen der Hingerichteten in ungeweihter Erde verscharren, am Strand von Neapel in der Nähe des Richtplatzes. Erst später wurde Konradin in der an der Piazza del Mercato vielleicht auf Veranlassung seiner Mutter errichteten Karmeliterkirche beigesetzt. Die dortigen Mönche lasen im 15. und 16. Jahrhundert täglich eine Messe zum Andenken an „Kaiser Konradin“; selbst aus dem 19. Jahrhundert ist dieser Brauch noch dokumentiert.

Sein Bezwinger Karl war nun etabliert als Herrscher von Sizilien, doch alle Versuche, ein größeres Reich im Mittelmeer zu errichten, misslangen. Er begründete aber immerhin eine Dynastie, die bis 1435 Neapel regierte. Clemens überlebte Konradin nur um einen Monat: Am 29. November 1268 starb er in seiner mittelitalienischen Residenz Viterbo. Anhänger der Staufer sahen darin ein Gottesurteil über den „unheiligen Heiligen Vater“.

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